Dies ist der Text einer Rede, die ich am 25.11.2023, dem Internationalen Tag gegen Gewalt and Frauen, für den SDS in Aachen hielt.
Am 11. Mai 2015 wurde die 14-jährige Chiara Paez begraben unter dem Haus ihres Freundes gefunden. Ermordet hatte dieser sie, da sie das Kind, mit dem sie schwanger war, nicht abtreiben lassen wollte. Er zwang sie also, Medikamente zu nehmen, die die Ausscheidung des Foetus einleiten sollten und schlug sie zu Tode. Solche Verbrechen, die Frauen und weiblich gelesenen Personen angetan werden eben weil sie als weiblich wahrgenommen werden, sind keinesfall eine Seltenheit in Argentinien bzw. Lateinamerika.
Als Reaktion jedoch auf diesen besonderen Fall jedoch wurde für den 3. Juni 2015 ein massiver Protest in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires organisiert. 300 Tausend Menschen, vorwiegend Frauen, gingen auf die Straße und protestierten gegen die sogenannten Femizide. Erreicht haben sie, dass der Femizid nun geahndet wird. Die Regierung hat ein Ministerium für Frauen, Geschlecht und Diversität eingerichtet. Schließlich wurden auch Abtreibungen im ersten Trimester legalisiert.
Die Bewegung, die diese Errungenschaften erreichte, erreichte auf Social Media unter dem Hashtag #NiUnaMenos Bekanntschaft, was so viel heißt wie “Nicht eine weniger”. Von dort aus breitete sie sich international aus, und brachte in Lima, der Hauptstadt Perus, sogar 500 Tausend Menschen auf die Straße. Selbst in Südkorea und Polen kam es zu Protesten.
Sowohl in Argentinien als auch in Peru werden jährlich in Anlehnung an die ersten Proteste vor fast zehn Jahren weitere Märsche veranstaltet. Diese bringen jeweils mehrere Zehntausend Menschen auf die Straße, die gegen Gewalt an Frauen und weiblich gelesenen Menschen auf die Straße gehen.
Ni una menos enstand allerdings nicht einfach so aus dem Nichst. Die Bewegung baute auf auf eine fast 50-jährige Tradition feministischen Aktivismus in Argentinien, der unter anderem auf den Widerstand von Müttern verschwunden gemachter Studierender unter der Militärjunta 1976-83 zurückgeht. Nach dem Fall der Junta blieb das Netz feministischer Aktivistinnen bestehen, die unter anderem jährlich nationale Frauenversammlung organisierten. Es ist dieses Netz erfahrener, gut ausgebildeter Aktivistinnen, die den Schlüssel zum Erfolg der Ni una Menos Bewegung ausmachte. Denn über dieses Netz konnten verschiedenste politisch diverse Gruppen mobilisiert werden.
Essenziell in der Entstehung der Bewegung wahr die jahrelange Vorarbeit. Die Jahrzehnte Vernetzung und Bildung, die die feministische Bewegung in Argentinien zu dem machte, was sie heute ist. Eine schlagkräftige Bewegung, die in einem Land, das so von patriarchaler Gewalt betroffen ist wie Argentinien, erreichen konnte, dass gegen den vorherrschenden Machismo etwas unternommen wird.
Aus der Geschichte von Ni una menos können wir lernen, nicht aufzugeben. Die Frauen in Argentinien, in Peru, in ganz Lateinamerika, haben nicht aufgegeben. Und in dem sie dass metaphorische Fass bis zum Rand füllten, und gefüllt ließen, konnte schließlich ein Tropfen es zum Überfließen bringen. Die Bedingungen für Wandel müssen vorbereitet werden, indem eine Bewegung aufgebaut wird, die zum richtigen Zeitpukt einschreiten kann und die Situation ausnutzen. Dabei müssen wir beständig sein. Wir dürfen uns nicht durch kleine Rückschläge entmutigen lassen! Nicht eine weniger!